Slow living – wie slow kann ich sein?

Slow Living oder auch Mindful Living scheint das neue Vegan bzw. eine Erweiterung des nachhaltigen Lebensstils zu sein. Eine Bewusstseinserweiterung, das nächste Level also. Einen Gang zurückschalten, sich zurücknehmen. Sich mit dem zufrieden geben, was man hat. Inne halten – auf seine innere Stimme hören. So weit so gut: Nehm ich, will ich!

Was ist Slow Living? “Mindfulness is a certain way of paying attention that is healing, that is restorative, that is reminding you of who you actually are so that you don’t wind up getting entrained into being a human doing rather than a human being.” *

Als Slow Living Pro weiß man genau, was gerade wichtig ist im Leben und was nicht – man ist quasi ein perfekter Selektionskünstler, der genügsam ist mit dem, was er hat und in dieser Ruhe und Gelassenheit verharrt. Und am aller wichtigsten im Leben ist sowieso die ständige Auseinandersetzung mit sich selbst: sich in exzessiver Selbstliebe und Selbstakzeptanz wickeln. Erstrebenswertes Ziel oder nicht?

So vermittelt Slow Living allerdings den Eindruck man hätte jederzeit eine Wahl, man könne Probleme mit einer positiven Einstellung wegdenken und sich so auf die schönen Dinge im Leben konzentrieren. Zweifelsohne hilft eine positive hoffnungsvolle Grundeinstellung gewisse Dinge besser durchzustehen. Klar ist: äußere Umstände lassen sich nicht einfach ausblenden. Die Fakten liegen auf dem Tisch und diese sind nicht immer rosig und lassen sich eben auch schwer wegmeditieren. Zurücklehnen und slow sein ist dann einfach nicht drin. Leider.

Während man allerdings immer mehr Zeit darin investiert entspannter und gelassener zu werden und einen Zuwachs an Selbsterkenntnis gewinnt, fällt einem dann doch vielleicht auf, dass einem dieser Mehrwert noch nicht die Rechnungen und die Miete zahlt.

Bedeutet Slow Living das Faulenzen zu glorifizieren und bloß nicht nach Höherem streben? Bloß keine hohen Ziele stecken? Denn diese bedeuten meist harte Arbeit und haben wenig mit der romantischen Vorstellung des Mit-sich-eins-Werdens zu tun.

Slow Living scheint daher ein Privileg und leider nicht jedem jederzeit vergönnt zu sein.

Slow Living scheint daher ein Privileg und leider nicht jedem jederzeit vergönnt zu sein.

Gerade uns Frauen wird ofttmals unterschwellig nahegelegt: Macht mehr aus eurem Leben! Geht raus in die Welt und zeigt es allen! Setzt euch durch! Die Lean Back Haltung des Slow Livings scheint einem da ein Bein zu stellen. Unweigerlich befinden wir uns in einer Zwickmühle und fühlen uns schuldig, wenn wir nach mehr verlangen. Slow Living schreit aber vom anderen Zen-Ufer: Sei doch einfach mal zufrieden mit dem was du hast, Mensch! Hä, ja was denn nun?!

Es lässt sich weder das strebsame Leben noch das gelassene Leben gegeneinander aufwiegen. Beim Slow Living geht es darum, bei sich zu bleiben. Hinzuhören, was brauche ich und wohin möchte ich. Slow Living bedeutet eine intensive Auseinandersetzung mit sich selbst. Sich mit der Frage zu konfrontieren “Wer bin ich?” oder vielmehr “Wer möchte ich sein und wohin möchte ich gehen?” ist ohne Zweifel eine wichtige Frage, erfordert allerdings Mut und Zeit diese für sich zu beantworten.

Vielleicht geht es aber auch gar nicht darum sich für einen klar definierbaren Lebensstil zu entscheiden. Vielleicht macht es auch einfach die Mischung: eine Brise Ehrgeiz und quälende Ausdauer mit einem Hauch von innerer Gelassenheit.

*http://www.slowmovement.com/slow_living.php

 

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